fatuk | Fachbereich Architektur Rheinland-Pfälzische Technische Universität
t-lab | Holzarchitektur und Holzwerkstoffe

Campus Diemerstein

Abbildung: Taleinfahrt Diemerstein, Foto: Andreas Labes

 

Holzcampus Diemerstein

 

Für die zur Verfügung stehende Fläche der RPTU Kaiserslautern-Landau im Diemersteiner Tal, vis-a-vis der Villa Denis, wurde aktuell ein Bebauungsplan erstellt. Dieser weist zwei Baufelder mit einer Gesamtfläche von ca. 8.200 qm aus.

Auf den Baufeldern sollen nach und nach innovative Holzbauten, angewandte Holzbauforschung und Versuchsbauten mit unterschiedlichen Nutzungen entstehen. Die Projekte werden mit Beteiligung von Studierenden und Talbewohnern *innen unter der Leitung des Forschungsbereiches t-lab, entstehen.

Der Holzbaucampus soll Aktivitäten der RPTU Kaiserslautern ins Diemersteiner Tal verlegen, den Ort beleben und diesen Stück für Stück aufwerten. Workshops und internationale Summer Schools sind in Planung. 

 

Beitrag des SWR zum Holzcampus

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Unsere Strategie am t-lab der RPTU Kaiserslautern ist es, den studentischen Entwurf mit der Forschung und der 1:1 Umsetzung in richtungsweisenden Pilotprojekten zu verbinden.

 

Abbildung: Innenraum Werkhalle, Foto: Andreas Labes

 

t-lab Werk- und Forschungshalle

 

Die Werk- und Forschungshalle in Diemerstein  ist auf diesem Weg entstanden. Der Holzbau bezieht seine architektonische Gestalt aus der Forderung nach einer konsequenten Kreislaufbauwirtschaft aller Baukomponenten, Bauelementen und Bauteilen. Das rund 400 qm große Gebäude bietet im Innenraum eine flexibel bespielbare Fläche, die für Workshops, Seminare und Veranstaltungen genutzt werden kann. Außerdem soll diese zum Bau, sowie der Montage von Mock-ups und Demonstratoren im Rahmen laufender Forschungsprojekte genutzt werden.

Abbildung: Außenraum Werkhalle, Foto: Andreas Labes

Der Entwurf für das Werkstattgebäude wurde mit Studierenden entwickelt und verwirklicht. Die Anforderung, Teile des Gebäudes im Selbstbau zu realisieren, hat bei den Überlegungen hinsichtlich Bauteilabmessungen und Fügungen eine Rolle gespielt. In Folge dessen, konnte die Halle innerhalb weniger Monate von Studierenden, die durch einige wenige Fachkräfte angeleitet wurden, aufgebaut werden. Das Design-Build Projekt verknüft so anhand des Konkret-Beispiels Entwurf, Ausführung und handwerkliches Können.

Abbildungen: Studenten und Fachleute beim Aufbau der Halle

Entwurf

 

Der neue Baukörper ist längs im Tal situiert und steht somit den existierenden Kaltluftströmen nicht im Weg. Der Eingang liegt der Villa Denis und dem bestehenden Parkplatz zugewandt. Mit dem ausgebildeten Vordach soll er den von hier startenden Wander *innen als Treffpunkt und Witterungsschutz dienen.

Zeichnungen: Ansicht Ost, Ansicht Nord

 

An den Längsseiten wird der einfache Baukörper über drei runde, prägnante, festverglaste Öffnungen belichtet. Die Stirnseiten bestehen aus transluzenten Polycarbonat-Stegplatten und sind zurückgesetzt, so dass der entstehende Dachüberstand sowohl als Aufenthalts- als auch als Lagerraum dienen kann. Durch den Rücksprung tritt die Form des Rahmentragwerks deutlich hervor und unterstreicht die Einfachheit des Gebäudes.

 

Abbildung: Fassade Werkhalle, Foto: Andreas Labes

 

Der Kern der Werk- und Forschungshalle ist ein multifunktionaler Raum: nutzbar für den Bau von großmaßstäblichen Versuchskörpern, sowie für Holzbau-Workshops, Seminare und Tagungen rund um die Forschungsthemen des t-labs. Die 360qm große Fläche ist flexibel möbliert und kann nutzungsspezifisch umgestaltet werden. Im Eingangsbereich werden weitere Räume (Lager, WC, Garderobe, Teeküche) in und um eine, frei im Raum stehende, Holzbox arrangiert.

Die Werk- und Forschungshalle ist so flexibel einsetzbar, dass sie zu verschiedenen Anlässen, verschiedene Nutzungen ermöglicht. Auch die feststehenden Holzbearbeitungsmaschienen sind so plaziert, dass die Fläche frei bleibt. Finden Tagungen, oder größere Versammlungen statt, kann eine mobile Bühne vor dem Kern aufgebaut werden, die den im freien Mittelteil der Halle befindlichen Besucherplätzen eine freie Sicht auf das Geschehen gewärt. Geräte und die beweglichen Werkbänke werden entlang der Außenwände und um den Kern angeordnet.

Ebenfalls wird die Fläche der Halle als Ort für Lehrveranstaltungen, Projektpräsentationen und Seminare der RPTU Kaiserslautern-Landau, oder anderer Einrichtungen genutzt. Vor Ort vorhandene Möbel und Sitzgelegenheiten können je nach Bedarf angeordnet und genutzt werden.

 

Primär wird die Halle als Werk- und Forschungshalle betrieben. Die vorhandenen Maschienen und Werkbänke bieten Studierenden und Forschenden einen Ort und die Möglichkeit zur Konstruktion von Mock-Ups, Modellen und anderer Versuche. 

 

Abbildung: Außenraum Werkhalle, Foto: Andreas Labes

 

 

Abbildung: Visualisierung der Tragstruktur

 

Tragwerk

 

Das Tragwerk der Halle bilden vorgespannte Dreigelenkrahmen, mit Gelenken an den Fußknoten und am First. Das Haupttragsystem besteht aus nebeneinanderliegenden, 12,50 m weit spannenden Rahmen aus Buchenfurnierschichtholz, die in einem Abstand von 2,50 m angeordnet sind.

Zeichnungen: Schnitte queer, längs

 

Die biegesteifen Traufknoten sind stabförmig aufgelöst, sodass eine effiziente Struktur aus Zug- und Druckstäben entsteht. Entsprechend ihrer Belastung werden die Stäbe mit zwei verschiedenen Querschnitten ausgeführt. Die innenliegenden schlanken Stäbe sind rein auf Druck belastet und knickgefährdet. Die Querschnitte betragen 160 x 200 mm. Die außenliegenden Stäbe, die auf Zug und Biegung belastet werden, werden mit einer Höhe von 300 mm und einer Breite von 160 mm ausgebildet. Augesteift wird das System durch Wand- und Deckenelemente aus Fichten-Brettsperrholz (BSP). 

Annimation: Darstellung Fügung tragender Bauteilgruppen

 

Alle Bauteile sind elementiert und reversibel verbunden, um einen späteren, einfachen Ausbau und einen darauffolgenden Wiedereinbau ohne Wertverlust zu garantieren.

Abbildungen: reversibel trennbarer Aufbau der Außenhaut

 

Außen folgt ein ebenfalls reversibler Wandaufbau: Weichfaserdämmebene, Konterlattung und vertikale Bretterschalung aus Douglasie. Statt einer klassischen Stahlbetonplatte wurde eine Brettsperrholz-Bodenplatte rückbaubar verbaut. Diese wurde nach dem Prinzip eines Kriechkellers auf Stahlprofilen aufgeständert, welche die Lasten materialminimiert in die im Boden versenkten Mikropfähle leiten, die das Gebäude tragen. 

Die einzelnen Elemente des Tragwerks, der Hülle und des technischen Ausbaus bleiben hierbei ablesbar und garantieren damit eine sortenreine Trennung.

 

Konusadapter

 

Abbildungen: Konusadapter: Modell, Einbau

 

Die kegelförmig gefrästen Konusadapter verbinden die Dach- und Wandelemente mit den Rahmen. Die aus Kunstharzpressholz gefertigten Verbinder sind dauerhaft, formstabil und hoch tragfähig.

 

 

Ringknoten aus Kunstharzpressholz

 

Für das Hallentragwerk der Holzhalle Diemerstein wurden neuartig organisch geformte Ringknoten aus Kunstharzpressholz entwickelt. Diese leiten sich von der natürlichen Formgestalt von Astgabeln (Zwieseln) ab. Zwiesel sind von Natur aus so proportioniert, dass Kräfte durch große Rundungsradien stetig umgelenkt werden. Im Gegensatz zur unstetigen Kraftumlenkung (Kerbe) entstehen dadurch keine Spannungssingularitäten mit Spannungsspitzen. Somit steigt bei gleichem Materialeinsatz die Leistungsfähigkeit. Mit einer organisch geformten und am Kraftfluss orientierten Knotengeometrie lassen sich statisch effiziente und zugleich architektonisch filigrane Bauteilanschlüssen realisieren.

 

Abbildung: Eingebaute Ringknoten auf der Baustelle

 

Die Ringknoten des Hallentragwerkes werden aus Kunstharzpressholz (KP) mit einer mittleren Dichte von 1350 kg/m³ gefertigt. Es handelt sich hierbei um einen Hochleistungsholzwerkstoff auf Basis technisch verdichteter Buchenfurniere. Diese werden zunächst mit Kunstharz imprägniert und anschließend unter hohem Druck und hoher Temperatur dauerhaft mit einander verbunden. Mit der Verdichtung steigt der Anteil der Holzfasern pro Volumeneinheit. Infolgedessen steigen die mechanischen Eigenschaften wie Festigkeit und Steifigkeit deutlich an. Für die Ringknoten wird auf KP mit kreuzweiser Orientierung der einzelnen Furnierlagen zurückgegriffen. Dadurch entstehen Holzwerkstoffplatten mit orthotropen, also gleich bleibenden Materialeigenschaften in X- und Y-Richtung. Da die Stärke der KP-Platten beim Verdichten auf ca. 70 mm begrenzt ist, wird die für die Ringknoten notwendige Stärke von 160 mm durch Verkleben von Teilplatten erreicht. Aus diesen werden die Bauteilknoten mittels CNC-5-Achsfräsen herausgefräst. 

 

Annimation: Fügung Ringknoten und Baubuchenstäben

Die Ringknoten sind so gestaltet, dass eine Verschraubung der Baubuchenstäbe über das Ringinnere mittels Muttern und Unterlegscheiben erfolgen kann. Dazu werden zunächst Gewindestäbe in die Stirnholzstöße der Baubuchenstäbe eingeführt und in Rechteckbolzen mit den Baubuchenquerschnitten verankert. Danach werden die Baubuchenstäbe mittels der Gewindestäbe nacheinander an die entsprechenden Knoten angeschlossen. Die für die Verbindung notwendige Schraubenvorspannung wird mittels eines Drehmomentschlüssels aufgebracht.

Die insgesamt vier verschiedenen Bauteilknoten der Hallenkonstruktion wurden parametrisiert, also mit Hilfe eigens entwickelter Computerprogramme entworfen. Dabei wurden geometrische Anforderungen für die Bauteilmontage ebenso berücksichtigt, wie architektonische und mechanische Aspekte.     

 

Abbildung: Mockup und Detail Trauf- und Firstknoten

Die mittels des Gestaltungswerkzeugs der Parametrisierung entwickelten Ringknoten wurden im Weiteren mittels FE-Simulationen und unter Beachtung des orthotropen Materialaufbaus und der am jeweiligen Knoten maßgebenden Kraftsituation nummerisch validiert. Hierbei wurden Spannungsspitzen lokalisiert, die über die zur Verfügung stehenden Scriptparameter in einem iterativen Prozess kontinuierlich abgebaut wurden. Hierdurch wurde die Knotengeometrie kontinuierlich statisch optimiert.

 

Mechanische Untersuchungen

 

Die aus den Simulationen gewonnen Erkenntnisse werden aktuell anhand mechanischer Bauteilprüfungen validiert. Dazu wird zunächst an ausgewählten Varianten des Querkraftanschlusses das Tragpotential bestimmt. Hierzu werden Bauteilprüfungen im Maßstab 1:1 durchgeführt. Die Prüfkörper werden dabei mit einer kontinuierlich steigenden Kraft solange belastet, bis es zum Versagen auf Abscheren der Verbindung kommt. Auf Grundlage der Versuchsdaten werden dann charakteristische Materialkennwerte ermittelt, die für die statische Nachweiseführung angesetzt werden können.

Neben den Scherversuchen werden weiterhin Zugversuche durchgeführt, um das Festigkeitspotential der Verankerung der Schraubverbindung innerhalb der Baubuchenstäbe zu bestimmen.

Im letzten Schritt werden Bauteilprüfungen am maßgebenden Traufknoten durchgeführt. Hier werden die Ringgeometrie, der Querkraftanschluss zwischen KP und Baubuche, als auch die Verankerung der Zugstäbe in Kombination geprüft. Um die Kräfte entsprechend der Orientierung der Raum-, First- und Wandstäbe aufteilen zu können wurde eine entsprechende Stahlkonstruktion angefertigt.

Abbildung: Illustration Aufbau, Reversibilität

 

Fazit

 

Die Konstruktionsebenen der Halle sind zu 100% aus Holz und zu 100% kreislauffähig. Die Kreislauffähigkeit haben wir unter anderem bewiesen, indem wir im Werk der ausführenden Firma einen Abschnitt mit zwei Dreigelenkrahmen mit dazwischen montierten Brettsperrholzplatten komplett aufgebaut, dort wieder rückgebaut und anschließend am Standort in Diemerstein als Teil der Halle wieder aufgebaut haben.